#202, Pressekonferenz zur Bundesliga 2022-1 – ZAT 4
Speedy Gonzales, Colonia
Der Pressesaal füllt sich, eine ungewohnte Stille legt sich nieder. Denn
wieder ist etwas anders als sonst: gewöhnlich begrüßen los Señores
Gonzales y Periodista mit einem freundlichen Nicken oder Augenzwinkern jeden eintretenden Gast, doch heute sind ihre Stühle noch leer, die zentralen Personen dieser Veranstaltung nicht zugegen. Die schreibende oder nur zuhörende Zunft zeigt sich verwundert, fragt sich, warum es heute anders ist. Unruhe macht sich breit. Und sie fragen sich noch mehr, werden dabei philosophisch, fragen sich auf wen sie denn überhaupt warten. Ihre abschweifenden Gedanken kreisen sich im wesentlichen nur um diese eine Frage ….
Wer sind die beiden überhaupt, um die es sich in den wöchentlich stattfindenden Pressekonferenzen dreht? Lohnt es sich auf sie zu warten? Eigentlich schon, denn sonst würden die geladenen und ungeladenen Gäste ja nicht Woche für Woche zahlreich erscheinen und der Veranstaltung sogar schon mit Vorfreude entgegenfiebern.
Bei Señor Periodista verhält es sich ganz einfach: er war irgendwann da, ist es heute immer noch, fällt kaum auf. Außer, dass er sehr neugierig ist, viele Fragen stellt, manchmal schlau tut, manchmal doof, und manchmal teilnahmslos seinen Job verrichtet. Und selten mit seiner Gerissenheit für Aufmerksamkeit sorgt. Ansonsten nicht der Rede wert nach seiner Herkunft zu forschen. Bei Señor Speedy Gonzales hingegen wird es komplizierter.
Speedy Gonzales – eine Minderheit, so nimmt der Autor an, wird sich jetzt wundern – ist eine Kunstfigur, eine, die sich mit all ihren beigemessenen vermenschlichten Attributen in einer fiktiven Welt, einer Parallelwelt bewegt, wie es Torrausch auch tut. So wie bei Torrausch die Bundesligavereine samt Wappen frei erfunden sind, so ist es auch der Speedy, in seiner Hauptrolle als Entrenador seines Vereins, und ab und an auch Presidente in Personalunion. Frappierende Ähnlichkeiten mit realen Personen, Gruppen, Figuren sind absolut zufällig und unbeabsichtigt, wie auch Vereinsnamen und Wappen. Er ist eine Kunstfigur, die nunmehr seit mehr als 200 Artikeln im Torrauschuniversum, und mehr als 1.100 Artikeln im Pbem-Universum insgesamt ihre Leser zum Lachen, so das primäre Ziel, aber auch zur Weißglut oder gar wie zuletzt zur Verzweiflung bis hin zum Weinen bringt, wobei letzteres eher auf Missverständnisse beruht als auf des Wortes bare Münze.
Seine Attribute sind vielfältig, wie auch die Situationen, in die sich Speedy Gonzales verwickeln lässt oder in die er sich freiwillig zu begeben pflegt. So stellt er sich seinem Publikum als Vollblut-Mexikaner mit Akzent und Temperament, Dichter der Tang-Dynastie, Denker mit Schwerpunkt seines Tao-Te-Gon (wird in näherer Zukunft Einzug in die Zeitungsartikelreihe halten, Anm. d. Red.) und Lenker von diversen Forumspielchen wie der Copa-Grimme-Preis der Kategorie Nachwuchs, den Copa-Pokerabend, das Ultimativen Regionalliga West-Tippspiel, u.v.m. Auch als Innovator begeistert er sein Publikum: Als aktuelles Beispiel sei die Austragung des Wintercups zu nennen, in seiner Vergangenheit unvergessen unter den Copa-Matadores das smarte Patenzug-Modell als Alternative zum einfältigen Zufallsgenerator, die Fuxx und Schafwertung, oder der Revolutionäre Pokalmodus. Nebenbei wirkt er noch als Wissenschaftler, Profiler und Rekordhalter. Und nicht zu vergessen, seine Vorbildfunktion, die Rolle als Unterhalter, in der er Mitspieler gerne durch den Kakao zieht, bisweilen auch sich selbst nicht ernst nimmt und auf unterschwellige Weise seine Persönlichkeit kritisch hinterfragt.
Schürft man weiter an der Existenz von Speedy Gonzales so erkennt man in ihm eine Kunstfigur medialer Art, da er vorwiegend auf schreibende Weise durch die Feder seines Autoren präsentiert wird. Die Implementation einer Kunstfigur ermöglicht es dem Autoren treffender zu beschreiben, welche Verhaltensoptionen sich in erfundenen Situationen und Begebenheiten ergeben. Dabei ist zu beachten, dass sich der Autor zweier Erzählperspektiven bedient: Als Er-Erzähler begibt er sich auf eine übergeordnete Ebene und betrachtet eine Situation begleitend oder strukturierend – zu erkennen an der kursiven Schreibweise, fortlaufend wie hier gerade, oder ergänzend zur Angabe des wörtlichen Redners oder der wörtlichen Rede mit Bezug zur Redaktion. Als Ich-Erzähler hingegen schlüpft er in die Rolle seiner Kunstfigur und betrachtet die geformte Situation oder Begebenheit auf Augenhöhe, genauer gesagt aus der Kanaldeckelperspektive bzw. aus solcher einer Maus. Um den geneigten Leser stets daran zu erinnern, dass er sich in einer fiktiven Welt, einer Parallelwelt, im Torrauschuniversum befindet, und nicht in der realen Welt, streut er immer wieder mexikanische Redewendungen, Wortwiederholungen, überzogene oder neugeschöpfte Begriffe ein, die seine Kunstfigur charakterisieren, die den guten alten Speedy unverwechselbar machen, womit sowohl die Leserschaft ihn oder Speedy sich selbst oder der Autor den Speedy identifizieren kann.
Wer den Ursprung der Geschichten um Speedy Gonzales ergründen will, der möge zwei Dinge tun: eine Antwort auf die beiden Fragen ergründen,
1. wie Speedy einst in die Bundesliga einzog, vgl. hierzu auf der Vereinsseite von CD Ratones de Colonia unter Ligazeitung (ganz weit bis zum Ende herunterscrollen), Artikel #94ff., sowie
2. wie Speedy den Weg zu Torrausch fand, vgl. hierzu auf der Vereinsseite von Ipswich Town, Premier League, unter Ligazeitung (ganz weit herunterscrollen bis Saison 2018-3), Artikel #1ff (fortlaufende Nummerierung beachten!).
Wer bis hierhin noch immer nicht verstanden hat zwischen fiktivem Torrauschuniversum und realer Welt zu differenzieren, der könnte die Schauspielerei vergleichend hinzuziehen. Wird ein Verbrecher in einer Tatort-Folge auf frischer Tat ertappt, verhaftet und eingelocht, so verweilt er dort solange wie es sich der Drehbuchautor ausgemalt hat, das kann Tage, Wochen, Monate, Jahre oder Jahrzehnte dauern – in seiner fiktiven Welt. Der Schauspieler hingegen, der die Rolle dieses Verbrechers zu spielen vermag, der lässt sich nach Drehtagschluss abschminken, zieht sich um und geht nach Hause – in seine reale Welt. Am nächsten Tag dann begibt er sich nach Schminke und Umkleide wieder in den Knast ….
Auf den Punkt gebracht: In einer fiktiven Welt, in der sich gleichermaßen die Torrauschmitspieler samt Alter Ego befinden, können durch welche Sprache, Bedeutungen oder Inhalte zwischen den Zeilen auch immer niemals nie Beleidigungen der realen Person dahinter entstehen. Spricht der Autor über seine Kunstfigur Speedy Gonzales ein Alter Ego an, so ist auch nur dieses gemeint. Da kann man nichts falsch verstehen. Geht keine Beleidigung voraus, kann auch keine Entschuldigung, oder schlimmer noch, keine Löschung eines Artikels oder Passagen daraus erwartet werden.
Angebliche Beleidigungen, die also nicht als solche zu verstehen sind, dienen vorwiegend der Unterhaltung, sind niemals nie als persönlicher Angriff auf ein Subjekt gerichtet. Scharfzüngige Worte sind nicht mit Beleidigungen zu verwechseln: Sie treffen des Pudels Kern, nicht den Autoren eines Alter Egos.
Scharfzüngige Worte folgen meistens als Reaktion auf eine Aktion: Der Vorwurf beispielsweise sich mit „Pimpf“ der Wortwahl aus dem Nationalsozialismus zu bedienen, wird entkräftet durch eine Richtigstellung bzw. der Erklärung, dass dieser Begriff im Sinne eines Jahrhunderts zuvor in der Bedeutung von „leisem Furz“ eingesetzt wurde, und ergänzt um eine Retourkutsche, ohne den humoristischen Ansatz einer solchen Zuspitzung des geschriebenen Wortes zu verlassen. So der gewohnte Vorgang: Aktion → Reaktion + Retourkutsche = der Kunstfigur Verständnis von geistreichem Humor im Rahmen einer angemessenen Vorstellung von Sitte, Moral und gutem Geschmack.
Ein Hinweis für alle betroffenen Leser: Wer zukünftig nicht (!) Teil einer Pressekonferenz sein möchte, sich also nicht stark genug fühlt sich einer solchen zu stellen, der möge per PN rufen: „Ich bin kein Star, halt‘ mich hier raus!“, und so wird er fortan im Wochengeschehen übergangen. Wohl aber kommt er wieder ins Geschäft, sobald Speedy Gonzales oder CD Ratones de Colonia zum Thema seines Artikels werden….
Und da kommen sie nun zur Türe herein.
Periodista (bittet für die Verspätung um Verzeihung): „Wir begrüßen Señor Gonzales zur heutigen Pressekonferenz!“
Gonzales (etwas gehetzt): „Buenos Dias.“
Periodista: „Haben Sie Zeit mitgebacht, Señor Gonzales?“
Gonzales: „Nö.“
Periodista: „Dann beschließen wir die heutige Pressekonferenz! Habe selbst nämlich auch keine mehr.“
Die nun wieder wartende Masse der schreibenden und lauschenden Zunft ist sich nun eines gewiss: Gonzales gibt es realmente, sie haben ihn kommen sehen, sprechen hören und wieder verschwinden sehen. Und in welcher Welt, das ist ihnen nun auch klar geworden ….
Oder?
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